Am Mittwoch hat das Bundesgericht einen Entscheid veröffentlicht, der am 2. Oktober 2012 ergangen ist. In 4A_10/2012 stand die Anfechtung eines GV-Beschlusses im Zentrum, wobei das Bundesgericht sich mit der Frage beschäftigen musste, ob der anfechtende Kläger auch wirklich Aktionär geworden ist.
B, C und D waren an der X AG beteiligt. E, ebenfalls Aktionär, war zudem Arbeitnehmer in der X AG. Die Statuten enthielten Übertragungsbestimmungen im Sinne von OR 685b (sog. Vinkulierung), welche vorsahen, dass der VR aus wichtigen Gründen die Eintragung des Erwerbs ins Aktienbuch verweigern könne. Nachdem E als Arbeitnehmer ausgeschieden war, suchte er einen Käufer für seine Aktien. Daraufhin fand ein reger Briefwechsel statt, wobei E geltend machte, dass A (späterer Beschwerdeführer) dessen Aktien aufgrund einer Abtretung erwerben werde bzw. bereits erworben habe.
Weiter fand am 14. Februar 2007 eine ausserordentliche GV statt, in der die Einführung eines bedingten Kapitals unter Ausschluss der Bezugsrechte der Aktionäre und eine ordentliche Kapitalerhöhung unter Wahrung der Bezugsrechte beschlossen wurden. Anwesend waren B, C und D, jedoch weder E noch A. In der Folge machte A die Ausübung der Bezugsrechte geltend und beantragte gleichzeitig die Eintragung ins Aktienbuch der X AG, unter Vorlage eines mündlichen Assignments nach UK-Recht. Die X AG wendete dagegen ein, dass A eine schriftliche Abtretungsurkunde vorlegen müsse. Schliesslich klagte A gegen die Beschlüsse der a.o. GV.
Rechtliches
Namenaktien werden auf dem Weg der Forderungszession nach OR 164 ff. übertragen, sofern sie nicht in Wertpapierform ausgegeben worden sind. Die Abtretung bedarf als zweiseitiges Rechtgeschäft einer Veräusserungserklärung des Zedenten und einer Erwerbserklärung des Zessionars (E.2.1.2). Die erste Instanz qualifizierte ein vorgelegtes Schreiben des E vom 21. Februar 2007 als diesen Anforderungen nicht genügend. Erst mit Schreiben vom 11. April 2007 sei erwiesen, dass A aufgrund einer gültigen Abtretungserklärung Aktionär der X AG geworden ist. Damit war der Beschwerdeführer gar nicht zur Teilnahme an der a.o. GV vom 14. Februar 2007 berechtigt.
Das BGer hat in einem früheren Urteil (BGE 99 II 57) festgehalten, dass es für die Aktivlegitimation zur Anfechtungsklage von GV-Beschlüssen nicht erforderlich ist, dass der Kläger an der beschlussfassenden GV teilgenommen hat. Es ist aber notwendig, dass der Kläger Aktionär der Gesellschaft bis zum Urteil bleibt. Ansonsten würde nachträglich die Aktivlegitimation wegfallen, was zur Abweisung der Klage führen würde, ausser der Erwerber würde in den Prozess eintreten.
Nach OR 706a I erlischt das Anfechtungsrecht, wenn die Klage nicht spätestens zwei Monate nach der Generalversammlung angehoben wird. Das BGer geht dabei von einer Verwirkungsfrist aus. Weiter haben Anfechtende innerhalb dieser Frist sowohl die Klage anzuheben als auch sämtliche Anfechtungsgründe vorzubringen (BGE 86 II 78 E.6a). Bezüglich später vorgebrachter Gründe ist das Anfechtungsrecht verwirkt und damit die Klage abzuweisen. Zur Begründung des BGer (E.3.1):
"Ein Nachschieben von Anfechtungsgründen ist unzulässig, denn es läge nicht im Sinne der in Art. 706 OR getroffenen Ordnung der Anfechtung von Generalversammlungs-beschlüssen, wenn man zuliesse, dass der Klageberechtigte sich in der fristgerecht angehobenen Anfechtungsklage auf die Anrufung einzelner Anfechtungsgründe beschränken, weitere dagegen erst später vorbringen kann. Der kurzen Befristung des Anfechtungsrechts auf zwei Monate liegt die Zielsetzung zugrunde, mit Rücksicht auf die Rechtssicherheit und die Interessen der Beteiligten (Gesellschaft, Aktionäre, Gläubiger) möglichst rasch abzuklären, ob und in welchem Umfang die Rechtsbeständigkeit von Generalversammlungsbeschlüssen ungewiss ist und mit deren Aufhebung gerechnet werden muss."
Im vorliegenden Fall hat der Kläger vor der ersten Instanz zwar fristgerecht eine Verletzung der Teilnahmerechte gerügt, jedoch war er nach den verbindlichen Feststellungen der ersten Instanz noch gar nicht Aktionär und damit zur Teilnahme legitimiert (fehlendes Rechtsschutzinteresse führt zu Nichteintreten); vor zweiter Instanz brachte er überdies vor, dass der Beschluss das Bezugsrecht in inhaltlich unzulässiger Weise einschränkt. Das sind zwei unterschiedliche Anfechtungsgründe, womit nur ersterer zu beurteilen ist, weil der zweite zu spät vorgetragen wurde. Das BGer (E. 3.3) hielt fest, dass die Abgrenzung der Anfechtungsgründe im Einzelfall schwierig sein kann:
"Um zwei unterschiedliche Anfechtungsgründe handelt es sich aber jedenfalls dann, wenn sie nicht nur auf einer unterschiedlichen rechtlichen Argumentation, sondern wie hier auch auf verschiedenen Sachverhalten beruhen."
Der Beschwerdeführer machte schliesslich geltend, dass der Ausschluss des Bezugsrechts (ohne Angabe von Gründen) zur Nichtigkeit des Kapitalerhöhungsbeschlusses führen muss, was von Amtes wegen festzustellen wäre und jeder geltend machen kann. Das BGer (E.4) führte dazu aus, dass auf Nichtigkeit nur aus zwingenden Gründen erkannt werden kann, so etwa dann, wenn mit dem entsprechenden Aktionärsrecht derart gewichtige öffentliche Interessen verbunden sind, dass sie das ebenfalls öffentliche Rechtssicherheitsinteresse überwiegen. Die h.L. sieht ebenfalls keinen Anwendungsfall der Nichtigkeit (sondern der Anfechtbarkeit) vor, wenn das Bezugsrecht im Einzelfall ohne hinreichenden wichtigen Grund entzogen oder beschränkt wird.
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