Bundesgerichtshof stärkt Rechte der Abmahnindustrie

Der deutsche BGH hat am 10.08.2012 ein Urteil veröffentlicht, dass eine ganz neue Dimension der Abmahnwellen auslösen könnte. Folgendes war zu entscheiden:

Die Plattenfirma von Xavier Naidoo hatte ein Unternehmen damit beauftragt, Leute ausfindig zu machen, die Songs von ihm im Internet auf File-Sharing Sites anbieten. Verschiedene Anbieter hatten Ihren Anschluss bei der Telekom. Das Unternehmen verlangte nun von der Telekom, die Daten der Anschlussinhaber herauszugeben, was die Telekom nicht tat. Daraufhin gelangte das Unternehmen vor Gericht, verlor jedoch in den ersten Instanzen: Nach bisheriger Rechtsprechung mussten Internetprovider nur dann Daten herausgeben, wenn es sich beim Anschlussinhaber um eine Person handelt, die im gewerblichen Ausmass Filme oder andere Daten zur Verfügung stellt. Das war hier klar nicht der Fall.

Der BGH sah das aber anders: Das Gesetz sehe nicht vor, dass gewerbliches Ausmass vorliegen muss. Es spreche nur von "offensichtlichen Rechtsverletzungen". Damit stünden Rechteinhabern  Schadenersatz nicht nur gegen gewerbliche Verletzer, sondern gegen Jeden zu. Was man allerdings unter "offensichtlichen Rechtsverletzungen" zu verstehen hat, schreibt der BGH nicht.

Das Urteil wird weitgehend kritisiert: Zum einen kommt es zu einem Zeitpunkt, in dem sich die Öffentlichkeit immer mehr gegen teilweise völlig unbegründete und überteuerte Abmahnungen (durchschnittlich zwischen 800 und 1000 Euro) zur wehr setzt. RA Stadler weist auch darauf hin, dass sich der BGH mit dem Entscheid klar gegen den Willen des Gesetzgebers stellt, stellt aber auch fest, dass nur die unklare Ausdrucksweise des Gesetzgebers erst eine solche Interpretation des Gerichts erlaubte. 

Verbraucherschützer befürchten nun, dass diese sehr rechteinhaberfreundliche Entscheidung zu einer neuen Abmahnwelle führt. Auch in der Schweiz ist das Anbieten von Filmen nur mit der Zustimmung des Rechteinhabers erlaubt. Wer ohne Erlaubnis handelt, riskiert Abmahnungen aus Deutschland. Da jedoch nie klar gesagt werden kann, ob die Abmahnung berechtigt ist, empfiehlt sich hier auf jeden Fall einen Anwalt zu nehmen.